Historie
Eine Region, die sich als ein Gebiet versteht, das im Nordwesten vom Flusslauf der Oichten, im Westen von der Salzach, im Südwesten nach Nordosten vom Achartingerbach und der Mattig und im Nordosten von der salzburgisch/oberösterreichischen Landesgrenze eingegrenzt wird und dabei eine Fläche von rund 5.200 ha umschließt. Der zentrale, beherrschende Teil ist der sich bis auf eine Höhe von 835 m erhebende Bergrücken des Haunsberges, der den nordwestlichen Flachgau, vom bekannten Heimatforscher Hofrat Conrad „Lamprechtshausener Dreieck“ genannt, vom mittleren Flachgau trennt. Wie weit sich dieser landschaftsprägende Höhenrücken im topographisch flachsten Teil unseres Landes erstreckt, vermag man erst zu erkennen, wenn man ihn auf der Seite seines Steilabfalles von Norden her betrachtet: Rund 16 km sind es von den Ausläufern seiner Westseite in Weitwörth bis hin zur Landesgrenze im Nordosten, wo sich dann der Höhenrücken in den sanften Niederungen der oberösterreichisch/salzburgischen Grenzregion verliert. Ein reiner Waldberg möchte man zuerst vermeinen, doch vor allem die Südostseite trägt altes bäuerliches Kulturland, durchsetzt von vielen Streusiedlungen, gegliedert durch die in den Flüsch eingefurchten Gräben, die in Abwechslung mit flacheren Terrassen der Haunsberg-Landschaft ihre typische Prägung geben. Die wesentlich steilere nordwestliche Seite hat den Bau von leistungsfähigeren Straßen lange Zeit gehindert – auf diesen 16 km sind es gerade einmal zwei Straßenzüge, die das große Waldgebiet von Südosten nach Nordwesten queren. Die Gesamtfläche dieses nahezu geschlossenen Waldgebietes am Haunsberg selbst beträgt rund 1700 ha, davon befinden sich rund 1300 ha im Besitz zweier Forstverwaltungen, der Rest ist Wald im Eigentum der Haunsbergbauern. In der vorbeschriebenen Gesamtregion sind jedoch insgesamt rund 2000 ha bewaldet.
Das Klima am Haunsberg
Klimatisch ist der Haunsberg eine der letzten Südstauzonen, ein Umstand, der Flora wie Fauna gleichermaßen entgegenkommt – das Obst gedeiht gut, noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein kam ein Gutteil des Salzburger Schrannenobstes aus dieser Gegend – in heutigen Tagen haben dies bekanntlich die Supermärkte und Einkaufszentren mit ihren Waren aus teils weiter Ferne übernommen. Welch immense Bedeutung der Landwirtschaft in der Haunsberg-Region zukommt, erhellt sich schon allein aus der großen Zahl von noch immer insgesamt 314 landwirtschaftlichen Einheiten mit einer Nutzfläche von ca. 3.200 ha. Der langgezogene Bergrücken und sein Angelände sind alter Siedlungsboden, Spuren aus vorchristlicher Zeit haben sich vielfach erhalten, man denke beispielsweise nur an die Hügelgräber am Haunsberg und im Oichtental, aber auch an die noch immer beeindruckenden Erdwallanlagen, die mit über 300 m Länge und bis zu 150 m Breite den Bereich der höchsten Geländekuppe des Haunsberges umfangen.
Die Spuren der Bajuwaren
Nach der bajuwarischen Besiedelung unseres Voralpenraumes im sechsten und siebten Jahrhundert fällt natürlich auch die Haunsbergregion unter die Oberhoheit der Agilolfingerherzöge. Sie beherrschten ein riesiges Gebiet, das sich bei weitem nicht nur auf das heutige Bayern sondern weit darüber hinaus in den Osten erstreckte. Die regionale Einteilung erfolgte in Gaulandschaften, für unsere Betrachtung relevant der Salzach- bzw. Salzburg-Gau und der Mattig-Gau. Zuletzt haben diese Herzöge – zum zunehmenden Missfallen von König Karl, dem späteren Kaiser Karl dem Großen, nahezu königsgleich regiert. Durch diese immer weitere Entfernung von der Lehenshoheit des Frankenkönigs kam es im Jahre 788 in Ingelheim zu einem Schauprozess, der mit der Absetzung und Verurteilung des letzten Agilolfingerherzogs Tassilo III. endete. Er, wie auch seine unmittelbaren Familienangehörigen starben in Klosterhaft. Karl der Große führte daraufhin auch für unser Gebiet die fränkische Grafschaftsverfassung ein, innerhalb derer Grafen für den König die Herrschaftsrechte ausübten. Der Haunsberg zählte nunmehr zu den königlichen Gütern. Die Gebiete der heutigen Gemeinden Berndorf Seeham und Obertrum, als dem damaligen Benediktinerstift Mattsee zugehörig, kamen bereits im Jahre 903 zum Bistum Passau und begründeten so den jahrhundertelangen Einflussbereich der Passauer Bischöfe im Nordosten des heutigen Flachgaues, Landesherren blieben sie dort bis zum Jahre 1398. Erst in diesem Jahr gelang es dem Salzburger Erzbischof, die Herrschaft Mattsee von Passau zu erwerben, die kirchliche Zuständigkeit der Passauer Bischöfe sollte jedoch erst 1807 enden – erst zu diesem Zeitpunkt gingen also auch die kirchlichen Rechte an das Erzbistum Salzburg über. Die nordwestliche Haunsberg-Region und damit auch das gesamte Gebiet der heutigen Gemeinde Nußdorf, das damals die Bezeichnung „predium hunnisperch“, also (Königs)Gut Haunsberg, führte, gelangte ebenfalls im zehnten Jahrhundert in Passauer Besitz, und zwar als Ausgleich für die während der Ungarnstürme erlittenen Schäden. Nach dem alten Grundsatz, dass die Kirche kein Blut an ihren Händen haben dürfe, setzten auch die Passauer Bischöfe zur Ausübung ihrer Besitz- und Gerichtsrechte Adelige als Vögte ein, die als Funktionsnachfolger der Grafen diese Haunsberg Region im Namen des Passauer Bischofsstuhls verwalteten.
Die „Edelfreien vom Haunsberg“
Im elften Jahrhundert erfolgte nicht nur die Errichtung einer mächtigen Burganlage am Burgfelsen des heutigen St. Pankraz, sondern es ist auch der Name der Burgherren urkundlich nachgewiesen, eine edelfreie Familie, die sich nach dem von ihnen verwalteten Gebiet als „Edelfreie von Haunsberg“ nannten. Ihnen gelang es sehr bald, sich dem Einfluss der Passauer Bischöfe zu entziehen und eine Allodialherrschaft also eine vererbliche Eigenherrschaft zu errichten und sich de facto von Passau unabhängig zu machen. In der Haunsberg Region, in der Prenzinger Au in Obertrum errichteten sie ebenfalls eine burgähnliche Anlage; der mittlerweile zugefüllte Teich unweit des ehemaligen Gasthauses der Familie Keil war der letzte sichtbare Teil des ehemaligen Burggrabens. Mangels männlicher Nachkommenschaft verkauften die letzten Haunsberger im Jahre 1211 ihren Grundbesitz an den Erzbischof von Salzburg, dem es nach rund zwei weiteren Jahrzehnten auch noch gelingen sollte, die Gerichtsrechte, die an die angrenzenden Grafen von Lebenau gefallen waren, ebenfalls zu erwerben, damit die territoriale Hoheit im nördlichen Flachgau zu erreichen und so im Norden des Flachgaues eine Landesgrenze zu schaffen, die bis in unsere heutigen Tage Gültigkeit hat.
Der Erzherzog als Landesherr
Nach den Bayernherzögen, der Zeit der königlich-fränkischen Grafschaftsverwaltung, dem Hochstift Passau, den Edelfreien von Haunsberg war nun der Erzbischof von Salzburg ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis zum Ende des selbständigen Fürstentums Salzburg im Jahre 1803 Landesherr der nordwestlichen Haunsberg-Region, in den vorgenannten passauischen Gebieten von Obertrum, Seeham und Berndorf wie gesagt erst ab 1398. Die Verwaltung des erzbischöflichen Territorialbesitzes wurde aber nicht mehr in die Hand erbadeliger Familien gegeben, sondern vielmehr in die von Ministerialen, erzbischöflichen Dienstmannen aus dem niederen Adel, die beamtengleich als Pfleger oder Landrichter die Gerichts- und Verwaltungsherrschaft für den Erzbischof ausübten. Für das Gebiet um den Haunsberg waren für die heutige Gemeinde Anthering der Landrichter von Anthering, für Nußdorf der Pfleger von Haunsberg auf der Burg, wo heute die Wallfahrtskirche St.Pankraz steht und für Obertrum, Seeham und Berndorf der Pfleger auf der Burg Mattsee zuständig. In einer groß angelegten Verwaltungs- und Gerichtsreform durch den umtriebigen Fürsterzbischof Wolf-Dietrich wurde 1603 das Landgericht Anthering und die Pfleg Haunsberg mit dem Pflegschaftsgericht Laufen zusammengelegt. Der Laufener Pfleger war ab diesem Zeitpunkt für die nordwestlich gelegene Haunsbergseite, der Pfleger von Mattsee nach wie vor für die südöstliche Haunsbergregion zuständig. Dies blieb dann auch so genau 200 Jahre lang bis zum Untergang Salzburgs als geistliches Reichsfürstentum im Jahre 1803.
Salzburg-Frankreich-Bayern
Bedungen durch die napoleonischen Kriege gestaltete sich für die nächsten 13 Jahre die territoriale Zugehörigkeit – gelinde gesagt – äußerst abwechslungsreich: Für zwei Jahre gehörten die ehedem fürsterzbischöflichen Waldungen des Haunsberges zum neu geschaffenen Kurfürstentum Salzburg, dann von 1805-1809 erstmals zu Österreich, 1809/1810 standen sie unter französischer Besatzungsverwaltung und von 1810-1816 gelangten sie an das junge Königreich Bayern. Diese rasch wechselnden Territorialhoheiten fanden erst mit dem Münchner Vertrag vom April 1816 ein Ende mit dem ein um etliches verkleinertes Land Salzburg und damit auch die Haunsberg Region in das Habsburgerreich und damit zu Österreich eingegliedert wurde. Die bis 1803 fürsterzbischöflichen Waldungen am Haunsberg wurden mit Ausnahme des zahlreichen bäuerlichen Kleinflächenbesitzes staatliche Kameralwälder und damit Teile der Forstverwaltung des Habsburgerreiches.
Im Jahre 1863 konnte Fürst Vinzenz Carl Auersperg aus diesem staatlichen Besitz heraus das Gut Weitwörth mit rund 500 ha an land- und forstwirtschaftlichen Flächen erwerben. Drückende Schuldenlasten des Staates, vor allem durch die vielen und verlustreichen kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten 25 Jahre, waren Hauptgrund warum 1875 auch der große Teil der ehemals salzburgischen Kameralwälder im Ausmaß von über 1000 ha an das Haus Mayr-Melnhof verkauft wurde.
Freie Bauern, Adelige und kirchliche Grundherren
Die mehrere hunderte bäuerlichen Anwesen in der Haunsberg-Region haben eine andere Besitzgeschichte, die von dem im Mittelalter entwickelten Institut der Grundherrschaft ganz wesentlich geprägt ist: Die im Frühmittelalter unter der Schicht des Hochadels lebenden Bauern waren ursprünglich frei, gerieten aber aus verschiedenen Umständen immer mehr in die Abhängigkeit, sowohl von kirchlichen als auch von adeligen Grundbesitzern. Einer der Gründe lag vor allem darin, dass sie zusehends nicht mehr in der Lage waren ihren militärischen Verpflichtungen nachzukommen und sich daher unter grundherrschaftliche Obhut begeben mussten. Die adeligen und kirchlichen Grundherren verliehen dann diese Güter an die Bauern, wobei sich vor allem drei Besitzübergabeformen entwickelten: Die Leiheform der sogenannten „Freistift“ gab dem Grundherren jederzeit die Möglichkeit, mit dem Bauern das Besitzverhältnis zu beenden – ihn also „abzustiften“. Wesentlich attraktiver für den Bauern gestaltete sich das „Leibgeding“, das die lebenslange Belehnung mit einem Bauerngut vorsah. Als erstrebenswerteste Form galt die Übergabe zu „Erbrecht“, das den Bauern berechtigte, das Anwesen selbst weiter zu vererben. Die dafür erbrachten Gegenleistungen der Bauern erstreckten sich nicht nur auf die wiederkehrenden Zehentabgaben, sondern auch auf die Verpflichtung zur Erbringung anderer Dienstleistungen. So blieb es im Wesentlichen bis in die Revolutionsjahre 1848/1849, in denen durch den großen Einsatz des Reichsratsabgeordneten Hans Kudlich eine Entwicklung eingeleitet wurde, die 1850 zur Grundentlastung und zu einem freien Bauerntum führte.
So diese grundherrschaftlichen Güter nicht über eine eigene Waldausstattung verfügten, waren sie vielfach in die großen staatlichen Haunsbergwälder eingeforstet, wo Ihnen je nach Besitzgröße das erforderliche Brenn- und Bauholz zur unentgeltlichen Entnahme vorgezeigt wurde. In den sogenannten Regulierungsurkunden aus den Jahren 1860-1866 wurden allein für den Forstbetrieb MM für insgesamt 50 Einforstungsberechtigte die entsprechenden Größenordnungen der Holzentnahme festgelegt. Diese Servitute schlagen sich derzeit mit einer Bezugsmenge von über 500 Festmetern Brennholz pro Jahr zu Buche.
Land- und Forstwirtschaft am Haunsberg
In der Gegenwart angekommen befinden sich in der Haunsbergregion die 314 bäuerlichen Güter im Privatbesitz, ebenso die großen, ehemals fürsterzbischöflichen Waldungen am Haunsberg. Die Waldflächen verteilen sich mit rund 1000 ha auf den Forstbetrieb Mayr-Melnhof, mit ca. 300 ha auf die Gutsverwaltung Auersperg-Trautson und auf rund 700 ha bäuerlicher Kleinwaldbesitzungen. Die Bedeutung des nachwachsenden Rohstoffes Holz als Bauholz und zur Energiegewinnung ist nicht nur für die Haunsbergregion, sondern schon aufgrund der anfallenden Holzmengen auch weit darüber hinaus von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Allein der Einschlag der Forstverwaltung Mayr-Melnhof beläuft sich bei einem Verhältnis von ca. 60 % Fichten – zu 40 % Laubholzbestand auf rund 8000 Festmeter jährlich!
Die landwirtschaftlichen Flächen der bäuerlichen Betriebe werden vorwiegend als Grünland für die Milch und Viehwirtschaft, zum wesentlich geringeren Teil als Ackerbauflächen genutzt. Sie verleihen der Haunsbergregion ein geordnetes und gepflegtes Erscheinungsbild und vermitteln mit ihren sanften Wald/Wiesenübergängen der Landschaft zu jeder Jahreszeit ihren eigentümlichen Charme, dem sich der Betrachter kaum entziehen kann. Die Gemeinden rund um den Haunsberg weisen daher auch eine große Wohnqualität auf, ein Umstand der sich durch die ständig steigende Bevölkerungsentwicklung vor allem durch den Zuzug aus dem städtischen Raum manifestiert.
Identität am Haunsberg
Bis auf wenige raumordnungsrechtliche Sünden, vor allem im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, waren und sind sich die Gemeindevertretungen der Haunsberg-Gemeinden und ihre Bürgermeister bewusst, welch kostbares Erbe sie mit diesen naturräumlichen Gegebenheiten zu verwalten haben, welch großen Schatz die Begriffsbestimmung „Identität Haunsberg“ in sich birgt. Für viele seit Generationen am und um den Haunsberg lebenden Menschen ist diese Region unverbrüchlich verinnerlichter Bestandteil ihres Lebens und auch für eine mittlerweile große Zahl von Neubürgerinnen und -bürger echte Heimat geworden. Möge dieses Projekt dazu beitragen, einerseits unsere Sinne für den Wert dieser Region zu schärfen und sich der Verantwortung unseres Erbes ständig bewusst zu sein sowie andererseits eine gedeihliche und behutsame Weiterentwicklung der in den Gemeinden zusammengefassten Interessenslagen zu ermöglichen.